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Spirituosen in der Gastronomie – oder die „Geister“, die ich rief …. ?

Das Destillieren von Obstprodukten ist ein Teil der Kultur von Ländern, die an die Alpen oder ihre Ausläufer grenzen. Vor Jahrhunderten wurde Obst von Ungarn über das Elsass bis hin in die Normandie verarbeitet, wobei immer die Verwertung – vor der Veredlung – im Vordergrund stand. Ausnahmeprodukte wie Calvados oder Grappa haben eine wesentlich längere Tradition als der Obstbrand. Französische Erzeugnisse – allen voran Cognac – hatten (und haben immer noch) ein wesentlich besseres Image als der „ordinäre Obstler“. Anfang 1990 hat in der Schnapswelt ein neues Zeitalter begonnen: Einige Pioniere hatten den Startschuss zum „Qualitätsbrennertum“ abgefeuert. Die Destillata wurden gegründet, mit dem Ziel die internationale Spirituosen-Kultur zu verbessern. Die World-Spirits stösst in dasselbe Horn. Verschnittwaren mit Zuckerzusatz waren nicht mehr gefragt. Dem Boom der „100 % Destillate“ – reine Destillate, gewonnen aus vergorenem Fruchtalkohol, ohne Zusatz von Zucker und Aromen – stand nichts mehr im Wege. Findige Gastronomen haben den Trend erkannt und sind auf diesen Zug aufgesprungen.

Frust statt Genuss

Die Angebote wurden vergrößert – man hat die Sortimentspflege sehr oft unterschätzt und sich so in ein Wespennest gesetzt. Ein großes Angebot bedeutet auch einen enormen Umschlag, ansonsten werden die Produkte oxidativ und der Gast bekommt eine minderwertige Ware serviert – allerdings zum „Originalpreis“. Der Gast ist sauer auf den Wirt, und der Gastronom auf den Schnapsbrenner – keine Win-Win-Situation, sondern eine klassische „Rue de la gack“! Frust statt Genuss!

Die heiße Kartoffel wurde so von vielen Wirten, die Spirituosenkultur im Betrieb nur als „Beiwagerl“ gesehen, wieder recht rasch fallen gelassen und der Markt der Spirituosenspezialisten in der Gastronomie hat sich so rasch wieder bereinigt, wie er gekommen ist – eigentlich ist dieser leider fast verschwunden. Betriebe, die heutzutage noch brillieren können, haben ihren Angebots-Schwerpunkt im Whiskysegment gefunden. Sicher kein Fehler, sind Whiskies einmal geöffnet, bleibt die Qualität in der Flasche recht lange erhalten. Im Vergleich dazu, verschwindet die Aromatik und Qualität einer Himbeere wie Aladin in der Wunderlampe. In klassischen Bars ist die Produktvielfalt zum Glück noch immer mit dem sprichwörtlichen Himmel voller Geigen vergleichbar.

Preis statt Wert

Das schlimmste Leid ist immer jenes, das man sich selbst antut. Neben den Problemen der Sortimentspflege werden die Preise für Spirits noch immer falsch kalkuliert und viel zu hoch angesetzt. Beim Wein hat man es gelernt, beim Schnaps sind da allerdings noch einige Nachhilfestunden notwendig. Wenn Himbeer-Destillate (2cl) um 15 bis 20 Euro offeriert werden, so kann der Gast gleich Gold bestellen. Zum Überprüfen der Kalkulation bietet sich auf der Website www.world-spirits.com ein spezieller Spirituosen-Kalkulator als Tool an. „Platiniert“ kann die Rechnung noch werden, indem das Produkt gleich in 4cl ausgeschenkt werden. Die Gemüts-Absicherung eines Gastes kann getestet werden, indem das Service – ohne auf den Preis aufmerksam zu machen – in geselligem Beisammensein der Bestellung einer „Runde“ gerne mit einer Runde „Himbeeren in 4cl Gläser“ nachkommt!

Ob Hauben-Tempel oder Sternen-Himmel: Es ist erschreckend, wie wenig Wert auf ein stimmiges Spirituosen-Angebot gelegt wird. Selten findet man eigene Spirituosen-Karten, deren Angebot auch zur Qualität und Vielfalt der Speisen passen, zum Bruder Wein muss da die Spirituose schon ein Aschenputteldasein fristen.

Fehlerhafte Produkte

Je höher man auf die Berge kommt, desto fehlerhafter sind die Schnäpse, die den Skifahrern angeboten werden. Offene Waren - in Kanistern - mit unglaublichen sensorischen Fehlern, die für Spirituosenkenner mit seelischen Grausamkeiten vergleichbar sind. Schande all jenen, die so ein scheußliches Zeugs produzieren und solchen, die es Gästen – aus Unwissenheit oder Profitgier? – verkaufen!

Irgendwie ist dieses Manko leicht erklärbar: Die bekannten Weinausbildungen im Land bieten nur eine sehr eingeschränkte Aus- und Weiterbildung im Spirituosensegment an. Aber, auf der anderen Seite, was bringt ein umfassendes Ausbildungsangebot, wenn es von der Gastronomie überhaupt nicht wahr- bzw. angenommen wird? Man kann nur verkaufen, was man auch lebt und zelebriert!

Die Gastronomie und Hotellerie bringt den generellen Umsatzeinbruch im der Spirituosensparte auch mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen der „Promille-Beschränkung“ in Zusammenhang. Quatsch. Der Wein wird bei einer Alkohol-Gradation von zirka 13 Prozent Achterl- oder Flaschenweise ausgeschenkt – die Spirituose mit dem dreifachen Alkoholgehalt in medizinischen 2cl Dosen! Irgendetwas stimmt da nicht. Ist das der Wille, einen Schnaps zu verkaufen?

Nicht nur zum Trinken

Eines ist klar. Ein Kulturgut, wie es bei uns der Schnaps ist, braucht Pflege und Verständnis – und auch die notwendigen Ideen und Voraussetzung, um einem Wirtshaus den Geist der Spirituosenkultur einzuhauchen und mit diesem unseren Kulturgut auch Umsatz und zufriedenstellende Geschäfte zu machen.

Wirte, denen es nicht an geschäftlicher Kreativität mangelt, setzten hochwertige Spirits zum verfeinern von Gerichten auch in der Küche ein – oder haben erkannt, dass z.B. spezielle Destillate oder Spirituosen als ideale Begleiter für Kaffees offeriert werden können.

Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Ob die Hofburg, die Lipizzaner, die Wiener Philharmoniker, die Wiener Sängerknaben oder Mozart – Österreich als Kulturland hat viel zu bieten, auch „hochgeistiges“ in flüssiger Form, das den vielen internationalen Gästen als Kulturgut leider großteils vorenthalten wird. Ein „starkes“ Angebotssegment fehlt. „Wirte aller Bundesländer vereinigt Euch und arbeitet an Verbesserung der Spirituosenkultur!“

© Wolfram Ortner, World Spirits, www.world-spirits.com
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